SCHEIDGEN MARKTFOKUS September 2025
Neuwied, 01. Oktober 2025
Götterdämmerung: Gold glänzt
Im September legte der Goldpreis um 9,63 % zu.
Damit hat er sowohl seinen kurzfristigen als auch seinen langfristigen Vorsprung gegenüber den Aktienmärkten weiter ausgebaut. Diese Entwicklung reflektiert ein wachsendes Absicherungsbedürfnis, welches angesichts der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen durchaus nachvollziehbar erscheint. Aktien aus China, Korea und anderen Schwellenländern konnten sich aus ihrem Schattendasein weiter emanzipieren. Der Weltaktienindex MSCI, dessen Portfolio zu 72 % aus US-Aktien besteht, tut sich zunehmend schwer, wenn die dominierende globale Leitwährung USD unter Druck gerät. Seit Jahresbeginn hat sich der USD um 13,56% abgewertet.
Es ist sehr viel Geld im Umlauf. Die globalen Schulden steigen. Banken und Börsen profitieren von dieser Entwicklung. Die Gefahr einer Blasenbildung ist offensichtlich, und die Preise an den Märkten steigen weiter.
Nun ist die Schuldengrenze in den USA wieder erreicht. Demokraten und Republikaner müssen sich über eine Erhöhung einigen. Nun konnte in der ersten Runde keine Einigung erzielt werden und es kommt zu einem Shutdown und die Regierungsausgaben werden zusammengestrichen. Seit 1995 kam es zu 6 Shutdowns, davon 4 in den letzten 10 Jahren, davon gehen 3 auf das Konto von Donald Trump. Diese wurden nach 1, 2 und 33 Tagen beendet. Der letzte im November 2018 führte zu einer Korrektur von 16 % an den US-Aktienmärkten. Bisher zeigen sich die US-Märkte auch von dieser neuen Entwicklung recht unbeeindruckt. Die Toleranz der Märkte gegenüber der Politik von Donald Trump bleibt weiter hoch. Kursrückgänge wurden in jüngster Zeit schnell ausgebügelt.
Denken in Dekaden
In der folgenden Grafik sehen Sie die Ergebnisse des amerikanischen Aktienmarktes in den letzten Jahrzehnten, beginnend im Jahr 1921. Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges hatte Amerika eine führende Rolle in der Welt eingenommen und konnte seinen Platz als Hort von Freiheit, Demokratie und Wohlstand festigen.
Ein Blick in die Nachrichten genügt, um eine Gefährdung dieser Werte zu erkennen, ohne dass die globale wirtschaftliche und militärische Macht bisher in Frage gestellt werden konnte.
Die Zeiten des Krieges, der hohen Inflation in den 1970er und des Überschwangs, wie sie nach den Goldenen 1920ern oder nach dem Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende gab, brachten aber auch lange Durststrecken hervor, die es zu überstehen galt.
Wo stehen wir heute, nachdem die Finanzkrise 2009 das letzte, sehr große Loch in die Vermögensbilanzen der Anleger gerissen hat?
Viele optimistische Stimmen sehen sich heute an die goldenen 1920er Jahre erinnert. Damals beschleunigten bahnbrechende Erkenntnisse aus Physik, Chemie und Biologie den technischen Fortschritt. Heute ist es die Künstliche Intelligenz, die unser Leben einschneidend verändert.
Die 1920er waren ein Jahrzehnt des Booms, aber auch einer wachsenden Ungleichheit zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. In Europa entstand in dieser Zeit in Italien und Deutschland der Faschismus, der zunehmende Bevölkerungsteile nach einem starken Führer sehnen ließ. Heute gibt es deutliche Hinweise darauf, dass Amerika unter der Regierung Donald Trump auf einem ähnlichen Weg befindet.
Der Blick in die Grafik scheint beruhigend zu wirken, aber er verdeckt die deutlich zunehmenden Risiken, die sich aus den Märkten selbst, der Politik und dem Verhalten der Anleger ergeben.
In gold we trust
Die folgende Grafik veranschaulicht den Anteil des Goldes im Verhältnis zu den Währungsreserven der internationalen Notenbanken. Sie gelten als die Hüterinnen des Geldes. Im Idealfall agieren sie unabhängig von Regierungen und tragen zur Stabilität des Geldes bei, indem sie auch Reserven anlegen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der US-Dollar zur globalen, goldgedeckten Reservewährung. Die für ein dynamisches Wachstum erforderliche Geldmenge konnte mit einer goldgedeckten Währung nicht mehr Schritt halten. Im Jahr 1971 wurde sie durch Präsident Nixon aufgehoben.
Bis zum Jahr 2015 hielten Notenbanken kaum noch nennenswerte Reserven in Gold, obwohl die Notenbankbilanzen durch die Finanzkrise und die Eurokrise erheblich belastet wurden. Die Corona-Pandemie sowie der Beginn des Krieges in der Ukraine haben die Inflationsgefahren, die seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr als signifikant galten, wieder in das Blickfeld gerückt. Die US-Zollpolitik stellt einen zusätzlichen Faktor dar, der die Güterpreise negativ beeinflusst.
Seit Mitte der 1980er Jahre konnten Schulden zu immer günstigeren Zinsen refinanziert werden. Den Höhepunkt bildeten die Null- und Negativzinsen während der Corona-Pandemie, deren wirtschaftliche Folgen durch die expansive Geldpolitik gemildert werden konnten.
Die ökonomische Theorie besagt, dass eine Steigerung der Geldmenge zu einer Inflation führt. Die Globalisierung, die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer und der technische Fortschritt führten jedoch über Jahrzehnte zu einer kontinuierlichen Senkung der Preise für Produkte des täglichen Bedarf, trotz der stetig steigenden Geldmengen.
Die Inflation zeigte sich aber auf den Immobilien- und Aktienmärkten, wo die Preise in Relation zu den Mieten und Unternehmensgewinnen stärker stiegen und damit Preisblasen gefördert werden. In einem solchen Umfeld ist auch die Gefahr von Kreditausfällen signifikant erhöht, sodass die Flucht in die sichere Währung Gold aus verschiedenen Gründen opportun erscheint.
Die Grafik verdeutlicht, dass insbesondere die Notenbanken vermehrt Goldbestände aufbauen und damit einen langfristigen Trend umkehren. In vorderster Front agieren die Notenbanken der Schwellenländer, einschließlich China, Indien und Russland, die ihre Anlagen in USD zugunsten von Gold reduzieren. Dadurch entziehen sie sich dem wirtschaftlichen Diktat der USA, welches sie im Zuge der gegen sie verhängten Sanktionen im Kontext des Ukraine-Konflikts schmerzhaft zu erleiden hatten.
Es spricht vieles für weiter steigende Goldpreise.
Fazit:
Anlässlich seines 95. Geburtstages äußerte sich Warren Buffett, einer der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten, wie folgt: "Mit schlechten Leuten macht man keine guten Geschäfte." Anleger werden langfristig gut beraten sein, ihre Anlagen breiter zu streuen und dabei nicht nur auf die USA, sondern auch auf Gold als Diversifikationsmöglichkeit zu setzen.
Die wirtschaftliche Dynamik zeigt eine deutliche Verschiebung in Richtung globaler Süden, wo sich neue Allianzen gegen die USA formieren. Obwohl China gegenwärtig mit zahlreichen inneren Herausforderungen konfrontiert ist, nimmt das Land bereits heute eine führende Rolle bei der Digitalisierung, Elektromobilität und erneuerbaren Energien ein. In diesen Bereichen setzt es technologische und preisliche Standards, die es der Konkurrenz in den Industrieländern schwer machen. Die USA unter Donald Trump wählt den Weg der Abschottung.
Die Anleger sind sich der mannigfaltigen Risiken durchaus bewusst, vertrauen jedoch auf den technologischen Fortschritt, der die Produktivität in den Unternehmen erhöht und zu steigenden Unternehmensgewinnen massgeblich beiträgt. In dieser Konditionierung sind womöglich die größten Gefahren zu sehen. Die Folgen eines längerfristigen US-Shutdowns könnten zu einem Umdenken beitragen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Scheidgen
private finance e.K.
Stefan-Andres-Straße 23
56567 Neuwied
Telefon: 02631/953960
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